Vertretungsmodelle- ein Überblick

Hier möchten wir einen generellen Überblick darüber geben, wie Vertretung organisiert werden kann.


Der Gesetzgeber hat einen Anspruch auf Vertretung in § 23 Abs. 4 SGB VIII formuliert: "... Für Ausfallzeiten einer Kindertagespflegeperson ist rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherzustellen....".


Hierbei handelt es sich um einen klaren Auftrag an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe und nicht an die Kindertagespflegeperson. Die Vertretungsperson muss nicht nur flexibel auf einen möglichen Einsatz reagieren können, sie muss auch gemäß § 23 Abs. 3 SGB VIII geeignet sein. Ist die Vertretungsperson in eigenen oder angemieteten Räumen tätig, benötigt sie darüber hinaus laut § 43 Abs. 2 SGB VIII eine Pflegeerlaubnis.

Die Sicherstellung der Ersatzbetreuung während der Ausfallzeiten muss berücksichtigen, dass Kindertagespflegepersonen auch im Vertretungsfall nur maximal bis zu fünf gleichzeitig anwesende fremde Kinder aufnehmen können.

Bei der Organisation der Ersatzbetreuung ist stets darauf zu achten, dass die Beziehungspflege vor dem konkreten Vertretungsfall gestaltet wurde, d. h. die Kontaktpflege zu den betreuenden Kindern muss jederzeit gewährleistet sein. Dabei ist darauf zu achten, dass besprochen wird, wie und von wem diese Kontaktpflege bezahlt wird.


Obwohl eine prinzipielle Pflicht besteht, eine Ersatzbetreuung vorzuhalten, kann und sollte schon im Rahmen des Vermittlungsprozesses (schriftlich) erfragt werden, ob überhaupt eine Vertretung nötig ist, oder ob innerfamiliär über das Netzwerk der Familie ein Ausfall der Kindertagespflegeperson kompensiert werden kann.

In der Kindertagespflege ist der größte (negative) Unterschied zu einer Kindertageseinrichtung, dass es oftmals keine Vertretungsregelung gibt. Während die Eltern bei Erkrankung oder Urlaub der Erzieherin ihr Kind trotzdem in die Einrichtung bringen kann, wird es oft schwierig, wenn die Kindertagespflegeperson einmal ausfällt.


Anforderungen an Vertretungsmodelle


…aus Sicht der Kinder


Jedes Vertretungsmodell sollte bestimmte Anforderungen erfüllen und den Anforderungen aus Sicht des Kindes sollte besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. So gilt es zu beachten,…

    • … dass für Kinder unter drei Jahren ein Wechsel von Betreuungspersonen aus entwicklungspsychologischer Sicht zu vermeiden ist. Kinder in diesem Alter können nicht plötzlich einer fremden Person in einer fremden Umgebung zu einer (Ersatz)Betreuung übergeben werden.

    • … die betreuende Person dem Kind schon vorher bekannt sein muss.

    • … nicht alles was machbar ist, auch gut für die Familie ist.

    • … dass stabile Rahmenbedingungen umso wichtiger sind, je jünger das Kind ist. Dazu gehören stabile Bezugspersonen und Verlässlichkeit im Lebensrhythmus.

    • ... dass eine individuelle Eingewöhnung an die Vertretungskraft stattzufinden hat. Damit wird eine gute Bindung gewährleistet. Das Berliner Modell hat sich dabei als sehr gutes Eingewöhnungskonzept gezeigt, dass auch auf die Bindungstheorie Bezug nimmt und darüber hinaus auch internationale Forschungsergebnisse zur außerfamiliären Tagesbetreuung von Kindern unter drei Jahren berücksichtigt.

    • … dass neben der Eingewöhnung ein stetiger Kontakt zur Vertretungsperson gegeben sein muss, sodass für den konkreten Bedarfsfall eine stressfreie und emotional unbelastete Ersatzbetreuung umgesetzt werden kann.

    • … dass eine Erziehungskooperation nicht nur zwischen der regulären Kindertagespflegeperson und den abgebenden Eltern, sondern auch zwischen der Ersatzbetreuerin und den abgebenden Eltern aufgebaut und gepflegt werden sollte.

    • … dass bei einer Ersatzbetreuung selbstverständlich dieselben Qualitäts- und Eignungskriterien gelten sollten, wie bei der regulären Kindertagespflegeperson.

    • … dass eine Eingewöhnung bei der Vertretungskraft erst dann beginnen sollte, wenn der Eingewöhnungsprozess bei der regulären Kindertagespflegeperson abgeschlossen ist.

… aus Sicht der Eltern

Ein gute Vertretung ist im Bedarfsfall möglichst verlässlich, unkompliziert und kostenneutral. Wichtige Fragen, die die Eltern sich stellen sind:

  • Besteht eine Planungssicherheit bzgl. der Betreuung des Kindes?

  • Sind die Wege- und Anfahrtszeiten realisierbar?

  • Muss die Ersatzbetreuung bezahlt werden?

Solange es keine verlässlichen Vertretungsmodell in der Kindertagespflege gibt, so lange wird die Kindertagespflege auch aus Sicht der Eltern keine verlässliche Form der Kinderbetreuung darstellen.

Eltern wollen auch in der Ersatzbetreuung ihr Kind qualitativ gut umsorgt wissen und nicht nur „untergebracht“. Auch die Ersatzbetreuung, darüber möchten Eltern sicher sein, muss dem Förderauftrag, der in § 22 Abs. 3 SGB VIII beschrieben ist, gerecht werden.

Es sollte immer ein Ersatzbetreuungsvertrag zwischen Eltern und Vertretungsperson geschlossen werden. Die Vertretungskraft hat den Datenschutz ebenso zu gewährleisten, wie die eigentliche Kindertagespflegeperson.

… aus Sicht der Kindertagespflegeperson/Vertretungskraft

Mit der (Ersatz)Kindertagespflegeperson muss geklärt sein, wie in einem Vertretungsfall vorgegangen wird, wie die Beziehungspflege gestaltet wird, wie die Tätigkeit vergütet wird, wie die ausfallende Kindertagespflegeperson vergütet wird, wie Kontaktpflege gestaltet und bezahlt wird etc. Die Ersatzbetreuung sollte über einem Vertretungsbetreuungsvertrag geregelt sein.


Die verschiedenen Vertretungsmodelle:

Mobile Vertretung

In diesem Modell kooperiert eine Vertretungskindertagespflegeperson mit bestimmten (z. B. vier) Kindertagespflegepersonen (auch Großtagespflegestellen). Auch hier muss der wöchentliche Kontakt aufrecht erhalten werden. Hier kann eine gemeinsame Urlaubsgestaltung sehr wichtig sein. Auch die Vertretungskraft sollte Kontakt zu den Erziehungsberechtigten haben. Es muss zudem gewährleistet sein, dass die mobile Vertretungsperson nicht durch den Betreuungsbedarf für eigene (Tages)Kinder in der Ausübung eingeschränkt werden darf. Falls die Vertretung in den üblichen Räumen der regulären Kindertagespflegeperson stattfindet, ergeben sich weniger organisatorische Fragen (auch für die Eltern: wie, wann und wohin bringe ich das Kind, wie ist dort die Essensversorgung etc.?) als wenn die Kinder in anderen Räumen (bei der mobilen Kindertagespflegeperson) als in der gewohnten Umgebung betreut werden. Auch hier müsste eine EzK vorliegen. Das Modell hat sich erfahrungsgemäß oft für die Großtagespflegestellen bewährt. Weniger interessant ist es für allein arbeitende Kindertagespflegepersonen, da sonst bspw. im Urlaub eine „fremde“ Person in ihrem Haushalt betreut.


Stützpunkt-Modell

Die einzelnen am Stützpunkt teilnehmenden Kindertagespflegepersonen suchen in diesem Modell ihrerseits die Kindertagespflegeperson(en) des Stützpunktes auf. Dort arbeiten festangestellte KTPP und übernehmen die Betreuung, wenn die eigentliche KTPP ausfällt. Hierbei ist es entscheidend, dass die eigentliche KTPP regelmäßig mit ihren Tageskindern in den Stützpunkt kommt, um die Kinder mit der Vertretungskraft und den Räumlichkeiten vertraut zu machen. Näheres sollte die jeweilige Konzeption regeln.

Tandemmodell

Teilweise vertreten sich einzelne KTPP gegenseitig oder treffen sich in ihrem Heimatort in einem Spielkreis, um die Kinder der Kolleginnen kennenzulernen und so im Vertretungsfall einspringen zu können. Dieses Modell funktioniert natürlich nur, wenn bei den KTPP auch Plätze frei sind, da man ja nie mehr als max. fünf Kinder gleichzeitig betreuen darf.

KTPP-Teammodell (4+1)

Fünf KTPP die ihre KTP-Stellen in räumlicher Nähe zueinander haben, schließen sich zusammen und bilden ein Vertretungsteam. Jede der KTPP hat nicht mehr als 4 Betreuungsplätze besetzt und hält einen Platz für Vertretung vor. Dieser Freihalteplatz sollte permanent entlohnt werden. Fällt eine Person des Teams aus, werden die Kinder dieser KTPP auf die vier Personen verteilt, sodass diese dann kurzfristig 5 Kinder betreut. Regelmäßige gemeinsame Aktivitäten der Teammitglieder und deren Kinder sichert die Kontaktpflege.

KiTa-KTP-Kooperationsmodell

KTPP und KiTa kooperieren miteinander. Eine KTPP sucht mit ihren Kindern regelmäßig eine KiTa in ihrer Nähe auf. Es werden Angebote der Einrichtung wahrgenommen und auch das Außengelände wird genutzt. In der KiTa steht eine pädagogische Fachkraft zur Verfügung, die sich bei diesen Kontakten auch um die Betreuung der Kinder kümmert. Hier wird der Betreuungsort gewechselt, außerdem kommen viele veränderte Rahmenbedingungen (andere Kinder, mehr Kinder, mehr Erwachsene, anderer Tagesablauf) auf die Kinder zu, was bei unter Dreijährigen eher problematisch sein dürfte.



Als Fazit kann man sagen, dass es nicht das eine Vertretungsmodell gibt. Jedes Modell muss vor Ort individuell angepasst werden. Die wenigsten Modelle sind praktikabel, wenn es sich um eine Vertretung von mehreren Wochen oder gar Monaten handelt.